Bericht Nr. 21

Entwicklung eines Werkzeugs zur systematischen Bewertung der Grundlagen von Hochwassergefahrenkarten

Weichel, T.

Zusammenfassung

In den vergangenen zwei Jahrzehnten kam es immer wieder zu außergewöhnlich extremen Hochwasserereignissen in Mitteleuropa. Vor diesem Hintergrund und unter der Annahme sich möglicherweise verschärfender klimatischer Veränderungen, trat im Jahr 2007 die Richtlinie der Europäischen Union über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (HWRM-RL) in Kraft. Seitdem definiert sie innerhalb der Europäischen Union einen Ordnungsrahmen für den Umgang mit Hochwasserrisiken. Ein wesentliches Instrument der HWRM-RL stellen die Hochwassergefahrenkarten dar. Sie geben grundlegend Auskunft über das Ausmaß und die Intensität der von Hochwasser betroffenen Flächen. Als kartographische Darstellung dienen sie der Abgrenzung der vom Hochwasser ausgehenden Gefährdungen und bilden eine wesentliche Basis für die weiteren Planungen zum Hochwasserrisikomanagement. Demzufolge ist die Kenntnis über die Genauigkeiten und Unsicherheiten der in den Karten dargestellten Überschwemmungsflächen von grundlegender Bedeutung für den Umsetzungsprozess der HWRM-RL. Diesbezüglich hat sich der Autor das Ziel gesetzt, im Rahmen der hier vorgelegten Dissertation, ein Werkzeug zur systematischen Bewertung der Grundlagen von Hochwassergefahrenkarten zu entwickeln. Aufbauend auf einer Analyse der rechtlichen Anforderungen werden die bisher praktizierten Standards bei der Erstellung von Hochwassergefahrenkarten einleitend erläutert. Anschließend erfolgt eine detaillierte Auseinandersetzung mit Methoden zur Bewertung von Unsicherheiten bei der Ermittlung von Überschwemmungsflächen. Dazu werden beispielhaft Ansätze der Mustererkennung und Ganglinienanalyse vorgestellt, die bei Monte-Carlo basierten Unsicherheitsanalysen mit dem hydraulischen 2D-Modell TRIMR2D angewendet wurden. Im Weiteren werden die wesentlichen Verfahren und Datengrundlagen zur Ermittlung und Darstellung von Überschwemmungsflächen hinsichtlich ihrer Genauigkeiten und Aussagekraft analysiert und bewertet. Darauf aufbauend findet der konzeptionelle Aufbau des Bewertungssystems mit dem Namen FLOODVIEW statt. Es ist durch eine modulare Struktur gekennzeichnet die versucht, die Individualität und Wechselwirkungen der einzelnen Prozessgrößen zu berücksichtigen, ohne die Komplexität des Gesamtprozesses der Erstellung von Hochwassergefahrenkarten zu vernachlässigen. Dazu  werden in einem ersten Schritt die Datengrundlagen bezüglich ihrer Genauigkeiten und Unsicherheiten bewertet und klassifiziert. Anschließend erfolgt der Einsatz von Auswahl- und Wichtungsroutinen, welche die klassifizierten Daten und Methoden untereinander und zusammenfassend bewerten. Dies erfolgt separat für die Datengrundlagen und ausgewählten methodischen Anätze. Die Umsetzung des konzeptionellen Ansatzes von FLOODVIEW fand unter Verwendung der Programmiersprache FORTRAN statt, in dem ein eigenständiges Programm modifiziert für Einzel- und Vielfachsimulationen erstellt wurde. Darauf aufbauend wird die Einsatzfähigkeit des Bewertungssystems sowohl anhand eines theoretischen Datensatz, bestehend aus 1.111 zufällig ermittelten Überschwemmungsgebieten, sowie an einem realen Datensatz, bestehend aus Informationen über Hochwasserkarten an 40 Gewässern im Land Sachsen-Anhalt, getestet. Neben der systematischen Vergleichbarkeit der Grundlagen von Hochwassergefahrenkarten an unterschiedlichen Gewässern, konnten auch der Einsatz zur Ableitung qualitativer Entwicklungen am Beispiel des Realdatensatzes zwischen den Jahren 2007 und 2010 nachgewiesen werden. Im Ergebnis der Arbeit stellte sich heraus, dass das Bewertungssystem wissenschaftlich fundiert und praktisch relevant als Werkzeug zur Qualitätssicherung bei der Erstellung von Hochwassergefahrenkarten zum Einsatz kommen kann.

Abstract

During the past two decades a lot of exceptionally intensive flood events were recorded in Central Europe. Because of these phenomena as well as the potential of an increasing climate change led to the announcement of the directive 2007/60/EC on the assessment and management of flood risks by the European Union. Since 2007 the directive itself defines a frame about the assessment and management of flood risks, which was transposed into national laws by each member state until 2009. Essential instruments of the flood directive are the flood hazard maps. They include basic information about the extent and intensity of the impacted areas by floods to defined discharge scenarios. The delineations in the flood hazard maps represent the extent of the hydrodynamic processes of the defined flood scenarios. Besides the delineation of the inundated areas, the maps provide a fundamental basis for the further realisation of the flood risk management. Because of this fact, the knowledge about uncertainties and the precision of the simulated and displayed floodplains and flood intensities are important for the whole management process. In this context the author try to develop an instrument for a systematically evaluation of the uncertainties of the basics of flood hazard maps. Based on an analysis of the legal demands on floodplains by law the author explains the technical standards of the preparation of flood hazard maps. After this, different methods for the evaluation of uncertainties by hydraulic simulations of inundation areas are detailed discussed. As an example, investigations of uncertainties with the two-dimensional hydrodynamic model TRIMR2D were introduced. Besides the use of approaches of pattern matching methods, different analysis of discharge hydrographs based on Monte-Carlo-simulations are explained. Furthermore the fundamental data and selected methods for the simulation of flood inundated areas are analysed and evaluated concerning their accuracy and uncertainty. Based on this information the author described the assembling of the evaluation system FLOODVIEW. The main objective of FLOODVIEW should be the excellence to evaluate the accuracy and quality of the basic data and methods of flood hazard maps. Because of this the evaluation system is characterised by a modular structure, which try to consider the single parameters as well as their interactions in the preparation of flood hazard maps. In a first step the required basic data are classified depending on their accuracy. Then the classified data and the used methods are evaluated by different routines, which compare the single parameters as well as the fitness of the methods to describe the hydraulic process during a flood. Finally a summarised evaluation of the basic data and the methodical approaches are the result of FLOODVIEW. The availability for use will be tested by a theoretical data set based on 1.111 randomly generated floodplains and a real data set, which represent 40 water bodies in Saxony-Anhalt. The transfer of the conceptual model of FLOODVIEW in a practical computer model was realised by the program language FORTRAN. It was assembled for single and multiple applications. The results of the theoretical and practical tests show, that FLOODVIEW can used for a systematically evaluation and comparison of flood hazard maps and their basics. Furthermore the test of the real data set clarify, that the evaluation system is also available to compare flood maps at different water bodies as well as to different times. Therefore it’s possible to identify trends of the quality of the flood maps similar to a monitoring concept. The result of this work is an evaluation system, which can be used as a practical instrument for the quality management in the case of the preparation of flood hazard maps.