Fachgebiet Wasserbau

Bericht Nr. 18

Kommunale Hochwassermanagementsysteme als Baustein zur Umsetzung der Europäischen Hochwasserrichtlinie

Kurzfassung:

Kommunale Hochwassermanagementsysteme (HWMS) sind Instrumentarien, die die Entscheidungsträger und Einsatzkräfte der Kommunen, insbesondere die Landkreise und kreisfreien Städte als Katastrophenschutzbehörde, vor und während eines Hochwasserereignisses mit allen relevanten Hochwasserinformationen unterstützen. Sie werden seit der Hochwasserkatastrophe an der Elbe im August 2002 und ihren Nebenflüsse entwickelt und in immer mehr Kommunen, vor allem im Elbe- und Rheineinzugsgebiet eingesetzt.
Die Entwicklung der Hochwassermanagementsysteme ist auch ein Zeugnis für den gerade stattfindenden Wandel von der Sicherheits- hin zu einer Risikogesellschaft, in der die Auseinandersetzung mit Risiken kommuniziert wird, anstatt allein auf die Sicherheit durch die technischen Hochwasserschutzanlagen zu vertrauen. Der Fokus dieser zukunftsweisenden Hochwasserschutzstrategie liegt nunmehr auch im vorbeugenden Hochwasserschutz und der weitergehenden Hochwasservorsorge. Der gesellschaftliche Wandel wurde bereits politisch umgesetzt: auf Bundesebene trat im Jahr 2005 das „Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes“ und auf EU-Ebene im Jahr 2007 die „Richtlinie zur Bewertung und Management von Hochwasserrisiken“ (EG-HWRL) in Kraft. Beide Rechtsgrundlagen verfolgen die Verminderung von Hochwasserschäden durch einen verbesserten vorbeugenden Hochwasserschutz, die Bewertung von Hochwasserrisiken und deren Kartierung sowie die Erarbeitung von Hochwasserrisikomanagementplänen.
In der vorliegenden Arbeit wurden vier in der BRD bestehende kommunale Hochwassermanagementsysteme (FLIWAS, HWMS LK Stendal, INGE und DISMA) betrachtet. Beispielhaft ist aufgrund der persönlichen Erfahrung die Entwicklung des HWMS für den Landkreis Stendal beschrieben. In der Arbeit wurde untersucht, inwiefern die HWMS ein Lösungsansatz für die Umsetzung der EG-HWRL sind. Dafür wurden die technischen Komponenten, die Betriebseigenschaften, die Anwendungsgebiete, die Benutzerfreundlichkeit, anschließend die mögliche Nutzung bei Umsetzung der EG-HWRL verglichen. Weil in die HWMS erst die Ergebnisdaten implementiert werden, sind sie keine Instrumente zur Hochwasserrisikoanalyse und -kartierung. Dafür ist es mit HWMS möglich, die Erarbeitung der Hochwasserrisikomanagementpläne zu unterstützen, an denen voraussichtlich auch die Kommunen beteiligt werden. Diese erfordern:

  • die Festlegung von geeigneten Hochwasserschutzzielen auf der Basis der Hochwasserrisikobewertung
  • die Beschreibung von Hochwasserschutzmaßnahmen und -prioritäten
  • die Bereitstellung einer Informationsplattform der Öffentlichkeit.

Aufgrund der Hauptanwendung im Hochwasserkatastrophenfall sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht alle HWMS gleichermaßen geeignet, die besonders auf den vorbeugenden Hochwasserschutz abzielenden Anforderungen der EG-HWRL zu erfüllen. Während beim HWMS LK Stendal der vorbeugende Hochwasserschutz mit berücksichtigt wurde und das System eine Öffentlichkeitsplattform beinhaltet, ist FLIWAS aufgrund seines modularen Aufbaus einfach daraufhin anzupassen. INGE und DISMA werden behördenintern für den Katastrophenschutz genutzt, wobei die Aufgaben des vorbeugenden Hochwasserschutzes sowie die Öffentlichkeitsinformation nicht im Vordergrund stehen.
HWMS können die Erfüllung der kommunalen Aufgaben effektiv unterstützen und werden in Zukunft aufgrund neuer technischer Möglichkeiten und vor dem Hintergrund klimatisch bedingt häufig auftretender Extremereignisse verstärkt zum Einsatz kommen. Zur weiteren Optimierung der Systeme wurde basierend auf dem Vergleich der Einzelkriterien sowie der persönlichen Erfahrungen ein Anforderungskatalog an kommunale Hochwassermanagementsysteme erarbeitet. Weiterer Forschungsbedarf wird insbesondere in einer stärkeren Vernetzung der Systeme gesehen.

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