Seismische Fragilitätsanalyse: Ein zentrales Element der probabilistischen Sicherheitsbewertung

November 2025

Die probabilistische seismische Analyse (PSA) ist eine methodische Vorgehensweise zur Bewertung des Erdbebenrisikos für Bauwerke oder technische Systeme. Sie kombiniert die Charakterisierung der seismischen Gefährdung, die Analyse der strukturellen Antwort und die Abschätzung der Schadenswahrscheinlichkeit, um ein umfassendes Bild der Risiken zu erhalten.

Die PSA besteht aus drei Hauptkomponenten:
  • Gefährdungsanalyse – Bestimmung der Eintrittswahrscheinlichkeit und Intensität von Erdbeben am Standort,
  • Fragilitätsanalyse – Berechnung der Versagenswahrscheinlichkeit von Strukturen oder Komponenten in Abhängigkeit von seismischer Beanspruchung,
  • Konsequenzanalyse – Bewertung der Auswirkungen eines Versagens auf Sicherheit, Funktionalität oder wirtschaftlichen Schaden.
     
Die Fragilitätsanalyse bildet das zentrale Bindeglied zwischen der seismischen Beanspruchung und dem strukturellen Verhalten. Hierbei werden nichtlineare dynamische Analysen durchgeführt, um sogenannte Engineering Demand Parameters (EDPs) wie z. B. Interstory-Drift oder Beschleunigungen in Stockwerken zu ermitteln. Anhand dieser Ergebnisse werden Fragilitätskurven erstellt, die die Wahrscheinlichkeit beschreiben, mit der ein bestimmter Schadenszustand bei gegebener Erdbebenintensität überschritten wird.
 
Klassische Methoden beruhen meist auf parametrischen Annahmen (z. B. lognormalverteilte Fragilitätsfunktionen) und Regressionstechniken, die jedoch komplexe Strukturantworten oder Unsicherheiten oft nur eingeschränkt abbilden können. Neuere, nichtparametrische Verfahren bieten präzisere Ergebnisse, erfordern jedoch erheblich höheren Rechenaufwand. Eine Weiterentwicklung der Fragilitätsanalyse ist entscheidend, insbesondere für sicherheitsrelevante Infrastrukturen wie Kernkraftwerke, Krankenhäuser oder Industrieanlagen.

 

Projektreferenz:

  • METIS (2020-2025) : https://metis-h2020.eu/
    Diese Forschung wird im Rahmen von METIS durchgeführt, einem Horizon-2020-Projekt, das durch das Euratom-Forschungs- und Ausbildungsprogramm (September 2020 – Mai 2025) gefördert wird. METIS vereint 16 Partner aus 9 Ländern und zielt darauf ab, die seismische Risikoanalyse von Kernkraftwerken durch Verbesserungen in der Modellierung von Gefährdung, Fragilität und Konsequenzen im Rahmen der probabilistischen Sicherheitsanalyse (PSA) weiterzuentwickeln.

  • SMA-PSA (2023-2026): 
    SMA-PSA ist ein Forschungsprojekt, das sich mit den Grundlagen seismischer Robustheitsuntersuchungen (Seismic Margin Assessments) und probabilistischer Sicherheitsanalysen (PSA) für kerntechnische Bauwerke beschäftigt. Ziel des Projekts ist die Entwicklung verbesserter Methoden und Werkzeuge zur Bewertung und Erhöhung der seismischen Widerstandsfähigkeit von kerntechnischen Anlagen durch die Integration fortschrittlicher seismischer Margin-Analyse-Techniken in den PSA-Rahmen.