Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion

Mikroverbund-Leichtbauweise unter Verwendung von ultrahochfesten Betonen

An der TU Kaiserslautern hat sich unter Führung von Bauingenieuren eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe zum Thema „Leicht bauen mit Beton“ zusammengefunden, in der Materialwissenschaftler und Tragwerksplaner intensiv gemeinsam an der Entwicklung hybrider Konstruktionen arbeiten.

Die Stiftung Rheinland-Pfalz für Innovation fördert ein Projekt dieser Arbeitsgruppe, das sich gezielt mit den Möglichkeiten des miniaturisierten Stahlverbundbaus auseinandersetzt. Aufbauend auf einer langen Tradition in der Erforschung von Verbundbauweisen werden dabei Bauteile untersucht, die mit Betonplatte und Blechsteg als tragende Elemente für Dachdecken eingesetzt werden können. Dabei werden für Normalbeton erprobte Konstruktionen bei minimalisiertem Materialeinsatz auf neuartige UHPC-Tragwerke (Ultra High Performance Concrete) transformiert.

Eine Aufgabe besteht in der weiteren Optimierung der ultrahochfesten Betone hinsichtlich Praxistauglichkeit und Wirtschaftlichkeit. Für das Erreichen der gewünschten hohen Festigkeiten ist eine optimale Abstimmung der feinen Inhaltsstoffe erforderlich. Es wird versucht, im Beton eine möglichst dichte Packung der Partikel zu erzielen. Hierzu werden die verschiedenen Ausgangsstoffe insbesondere bezüglich ihrer Kornform und Korngrößenverteilung charakterisiert und die Packungsdichte des Korngemisches mittels bekannter Algorithmen optimiert. Bei der Auswahl der Ausgangsstoffe sollen darüber hinaus wirtschaftliche und ökologische Optimierungsaspekte beachtet werden. Deswegen spielen die Möglichkeiten eines teilweisen Ersatzes von Zement durch neuartige Zusatzstoffe bei den Untersuchungen neben der Optimierung der Packungsdichte eine wesentliche Rolle.

Zur in Kaiserslautern entwickelten Mikro-Verbundkonstruktion gehören neben einer UHPC-Druckplatte die nur 3 mm dicken Stahlstege. Die Verbundkräfte zwischen dem Betongurt und dem Stahlsteg werden über geeignete miniaturisierte Verbundmittel übertragen. Der Stahlsteg wird am oberen Rand mit Ausnehmungen versehen und in die Betonplatte einbetoniert. Die dadurch entstehenden mit Beton gefüllten Ausnehmungen bewirken eine „Verdübelung“ von Stahlsteg und Betongurt. Durch eine Optimierung der Aussparungsgeometrie gelingt es, ein sprödes Versagen der Verbundmittel zu vermeiden. Als gut geeignet haben sich puzzlesteinförmige Aussparungen im Stahlblech erwiesen.

Als Anschauungsobjekt wurde beim Neubau des ETA-Gebäudes (Energie, Technik, Architektur) auf dem Gelände der TU Kaiserslautern bereits ein erstes Dach in Mikro-Verbundbauweise errichtet. Das fünf Meter weit gespannte Vordach, welches aus einer 40 mm dicken Betonplatte aus ultrahochfestem Beton und fünf Stahlstegen mit einer Höhe von 250 mm und einer Dicke von 3 mm bestand, stellt die erste Anwendung einer solchen Konstruktion überhaupt dar.

Stand der Bearbeitung (01.04.2010)

Um die Trag- und Verformungsfähigkeit solcher Puzzleleisten zu ermitteln, wurden Push-Out-Versuche durchgeführt. Die Puzzledübel zeigten eine hohe Tragfähigkeit und Duktilität. Das Versagen trat mit großen Verformungen der Stahlzähne und daraus resultierenden Betonausbrüchen an der Außenseite der Betongurte ein.

Die Verwendung von dünnen und gleichzeitig hohen Stahlstegen hat aufgrund der dadurch großen Schlankheit eine erhöhte Beulgefahr zur Folge. Infolge der Konstruktionsweise als Verbundträger, in der das Stahlprofil hauptsächlich Zugkräfte abträgt, ist vor allem das Schubbeulen von Bedeutung. Eine numerische Studie mittels des FE-Programms ANSYS hat ergeben, dass der Widerstand des Stahlstegs gegen Beulen sehr effektiv durch den Einsatz einer Profilierung gesteigert werden kann. Bereits wenige Sicken mit geringer Tiefe verringern die Gefahr des Schubbeulens deutlich. Derartige Sicken lassen sich beim Herstellprozess der Stahlprofile durch Abkantung problemlos einbringen.

Die Puzzleform die als Verbindungsmittel in dem ETA-Gebäude und in den Push-Out Versuchen eingesetzt wurde ist mit Hilfe der FE-Simulationen optimiert worden. In einer Parameterstudie wurde die Optimierung der Puzzleform an einem variabel justierbaren FE-Modell vorgenommen. Ziel der Optimierung war, eine Dübelgeometrie zu entwickeln, die ein duktiles Versagensmechanismus aufweist. Die Simulationen haben gezeigt, dass der Stahlquerschnitt für die verwendete Stahlgüte und den UHFFB vergrößert werden soll zuungunsten der Länge des Betondübels.

Finanzierung:

Diese Forschungsinitiative wird von der Stiftung Rheinland-Pfalz für Innovation im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur in Mainz gefördert.

Im Projekt beteiligte Fachgebiete:

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schnell (Projektleitung), Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Kurz, Fachgebiet Stahlbau

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit, Fachgebiet Werkstoffe im Bauwesen

Jun. Prof. Dr.-Ing. Matthias Castorph, Fachgebiet Bauteilorientierte Entwurfsprozesse

Verbundpartner:

Domostatik GmbH, 54462 Bernkastel-Kues

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